Tyromont Flugrettung

Tyromont: der Bergretter-Ausrüster im Kampf gegen neue Bedrohungen

Das Tiroler Unternehmen Tyromont ist Weltmarktführer für Berge- und Rettungsgeräte, die bei Alpinunfällen zum Einsatz kommen. Dabei muss auch immer öfter auf die Folgen des Klimawandels reagiert werden.

Am liebsten“, sagt Bernhard Schönherr, „hätten wir, wenn unsere Produkte gar nicht sichtbar werden würden.“ Überraschend für einen Vertriebs- und Marketingleiter. Aber Schönherr weiß, dass es Bilder sind, die niemand sehen will: Verletzte SkirennläuferInnen, die per Hubschrauberbergung ins Krankenhaus gebracht werden müssen, beispielsweise bei der Weltcupabfahrt in Kitzbühel oder der Weltmeisterschaft in Schladming. In solchen Situationen kommen Bergegeräte zum Einsatz, die Tyromont entwickelt und produziert. Schönherrs Arbeitgeber gilt in diesem Bereich als Weltmarktführer

Das 1953 gegründete Tiroler Unternehmen hat sich auf Rettungsgeräte für den alpinen und hochalpinen Bereich spezialisiert. In enger Zusammenarbeit mit Berg- und FlugretterInnen werden unter anderem Berge- und Rettungssäcke sowie Tragtaschen für RetterInnen und Hunde für Hubschraubereinsätze hergestellt.

Tyromont Rettungsgerät
Tyromont-Rettungsgeräte sind auf den Einsatz in unwegsamen Gelände spezialisiert.Foto: Tyromont

Dazu kommen Akjas und Tragbahren, Rettungsschlitten, -tragen und -anhänger und jede Menge unterschiedlicher Gurte und Verankerungshaken. Der Akja-Rettungsschlitten ist dabei der unbestrittene „Bestseller“ im Produktportfolio von Tyromont. Seit seiner Einführung in den 1950er-Jahren wurde er bisher in verschiedenen Evolutionsstufen und Modellvarianten über 10.000-mal gebaut.

„Tyromont ist eine Manufaktur“

Es bleibt aber eine Nische, es bleiben im Vergleich zum Sporthandel Kleinserien. Aber es bleiben auch höchste Ansprüche an Funktionalität und Qualität. „Wir sind eine Manufaktur“, sagt Schönherr. Neben Produktdesign, Entwicklung und Vertrieb hat man auch eine Näherei und Schlosserei im Haus. So können Ideen und Innovationen, die von MitarbeiterInnen oder BergretterInnen direkt an das Unternehmen herangetragen werden, umgehend ausprobiert und integriert werden. Schönherr verweist auf neue trag-, teil- und fahrbare Leichtakjas, die statt 30 „nur“ noch 20 Kilo Eigengewicht haben.

Als Teil der Köllensperger Beteiligungs GmbH, zu der auch ein Stahlhandel und ein Haustechnikbetrieb zählen und die mit 140 MitarbeiterInnen zuletzt einen Umsatz von 35 Millionen Euro erwirtschaftete, hat Tyromont immer auch von internen Synergien profitiert. So wurden bis Mitte der 1990er-Jahre auch Baugerüste produziert.

„Eiergondeln“ und Mautstationen 

Und dann wäre da noch die Sache mit den Gondeln. In den 1960er-Jahren entwickelte Tyromont ein glasfaserverstärktes Polyesterharz, aus dem die später patentierten „Eiergondeln“ gebaut wurden. In vier Farben (Lindgrün, Zitronengelb, Blau und Magentarot) waren sie Designhighlights ihrer Zeit und kamen bei der Mutteralmbahn bei Innsbruck zum Einsatz. Aus demselben Material wurden einige Jahre später auch die Hütten der Mautstellen für die Brenner- und Tauernautobahn hergestellt. 

Heute konzentriert sich Tyromont auf alpine Rettungsgeräte. Beliefert werden sämtliche Länder des Alpenraums sowie Skandinavien, Großbritannien und die USA. Zwar sind die Produkte äußerst langlebig, regelmäßige Weiterentwicklungen gehören aber zum Standard.

Tyromont Rettungstrage
Das Ziel bei der Produktentwicklung: Ein Höchstmaß an Funktionalität und möglichst geringes GewichtFoto: Tyromont

Das hat beispielsweise auch mit Corona zu tun: Das Virus stellt nämlich auch BergretterInnen vor neue Hygiene-Anforderungen. So wurde eiligst ein bakteriostatischer Stoff für die Flugrettungssäcke, mit denen Verunfallte aus alpinem Gelände transportiert werden, entwickelt. Dazu kam auch ein Spezialreinigungsmittel, das schon bei 40 Grad Waschtemperatur eine Volldesinfektion der Säcke garantiert.

Gefahren durch den Klimawandel

Das hat aber auch mit dem Klimawandel zu tun: Denn durch die wärmeren Temperaturen auch in alpinen Höhenlagen taut immer öfter das Eis in Bergflanken auf. Felsbrocken lösen sich, es kommt zu Steinschlag – und vermehrt zu Unfällen. In weiterer Folge steigt auch die Gefahr für die Rettungskräfte. Bergeeinsätzen mit dem Hubschrauber werden nämlich gefährlicher, weil durch den „Downwash“ (Abwind) der Rotorblätter in Kombination mit dem aufgetauten und gelockerten Gestein zusätzlicher Steinschlag erzeugt wird. „Crashbergungen“ werden notwendig. Das heißt, dass das Unfallopfer und die FlugretterInnen schnellstmöglich aus der Gefahrenzone ausgeflogen werden.

Tyromont Akja
Werden in Zukunft Drohnen die Bergretter bei ihren Einsätzen unterstützen? „Denkunmöglich ist das nicht“, heißt es bei Tyromont.Foto: Tyromont

Und es hat auch mit neuen Materialentwicklungen bei Outdoorbekleidung zu tun. Denn immer öfter, erklärt Schönherr, habe man es bei Unfallopfern mit dem Phänomen der Hypothermie, also abnorm niedriger Körpertemperatur, zu tun. Der Grund ist eine Funktionskleidung, die zwar bei Bewegung sehr warm hält, aber sobald man steht oder liegt, den Körper schnell auskühlen lässt. Tyromont hat darauf reagiert und eigene „Heat up“-Fasern in die Rettungs- und Tragegeräte eingearbeitet.

Drohnen als Rettungshelferinnen

Wohin die technische Entwicklung noch führt? Schönherr hält Bergungen per Drohen, wie sie jetzt bereits für Versorgungsflüge für Hütten zum Einsatz kommen, auch bei der Rettung von Menschen in Zukunft für „nicht denkunmöglich“. Für Ortungsflüge von Lawinenopfern wäre das schon früher möglich. Der Vorteil: Drohnen können auch bei schlechter Sicht fliegen, mittels Wärmebildkameras und GPS-Daten genaue Angaben des Unfallorts machen. Damit reduziert sich die Gefährdung der Suchmannschaften bei Einsätzen im lawinengefährdeten Terrain massiv.

GUT ZU WISSEN

  • Die Tyromont Alpin Technik GmbH ist eine 100-Prozent-Tochter der Köllensperger Beteiligungs GmbH.
  • Ein Dutzend MitarbeiterInnen entwickelt und produziert hochwertige Geräte für Rettungseinsätze von Berg- und FlugretterInnen.
  • Künftig will man auch enger mit der Wasserrettung zusammenarbeiten.
Credits Artikelbild: adobe stock | Spidi1981

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