Für die Wartung von Gleisanlagen hat das oberösterreichische Unternehmen Linsinger eine Maschine entwickelt, die mit Wasserstoff betrieben wird. Eine Weltneuheit.
Manchmal ist Millimeterarbeit noch zu ungenau. Bei der Schienenpflege beispielsweise. So grobschlächtig die tonnenschweren Lokomotiven und Waggons wirken, die auf den Geleisen unterwegs sind, so feinfühlig und genau sind die Schienen selbst zu behandeln. Ansonsten quietscht und ruckelt es. Da geht es um Zehntelmillimeter.
Das oberösterreichische Maschinenbauunternehmen Linsinger hat sich auf diese Anforderungen spezialisiert und gilt heute als Weltmarktführer im Bereich der mobilen Wartung von Schienen, bei der die verlegten Eisenstränge „im Drüberfahren“ bearbeitet werden. Je schneller das geht, desto kosteneffizienter ist es. Je genauer und materialschonender es gemacht wird, desto länger taugt der Schienenkörper – und desto weniger Abfallstoffe fallen an. Das schont die Umwelt.
Wasserstoff als Diesel-Ersatz
Um die Präzision zu erhöhen und die Lärm- und Staubentwicklung sowie Feuergefahr zu reduzieren, hat man eine Technologie entwickelt, bei der die Maschinen fräsen statt zu schleifen. So sind als letzte Emissionsverursacher die Dieselmotoren der Fahrzeuge übriggeblieben. Noch. Denn Linsinger hat jetzt mit Wasserstoff eine umweltfreundliche Alternative als Energiequelle gefunden.
Begonnen hat alles bereits vor 25 Jahren. Damals ließ Linsinger seine Hochleistungsfrästechnologie patentieren und brachte den ersten Schienenfräszug auf den Markt. Eine Weltneuheit. Dank technischer Weiterentwicklung schafft die Maschine mittlerweile mit nur einer Überfahrt die Fertigbearbeitung eines Gleises. Der Materialabtrag beträgt dabei nur zwischen 0,1 und 1,2 Millimeter.
Null-Emissionen nach 185 Jahren
Der jetzt präsentierte Wasserstoffantrieb für die Bahnbaumaschine vom Typ MG11 ist ebenfalls eine globale Premiere. Integriert ist die neueste elektrisch angetriebene Frästechnologie, bei der fast gänzlich auf Hydraulik verzichtet wurde. Sowohl die Arbeitsaggregate als auch der Fahrantrieb werden rein elektrisch betrieben. So kann mit dieser Innovation – 185 Jahre nachdem in Deutschland die Menschen, begleitet von dichten, dunklen Rauchschwaden, erstmalig mit einer Dampflokomotive reisten – sogar die Schieneninstandhaltung emissionsfrei erledigt werden.
WIE WASSERSTOFF ENTSTEHT
Die Herstellung von Wasserstoff ist relativ einfach. Sehr simpel ausgedrückt: Wasser wird in seine Bestandteile Wasserstoff (H2) und Sauerstoff (02) zerlegt. Bei Wasserstoffantrieben mit Brennstoffzellentechnologie wird die elektrische in chemische Energie umgewandelt und im Wasserstoff gespeichert. Bei dieser Umwandlung fällt lediglich Wasser als Abfallprodukt an.
Als Schlüsselelement der Energiewende gilt „grüner“ Wasserstoff, der mit einer lokalen, nachhaltigen Energiequelle – beispielsweise Biomasse, Wasserkraft oder Sonnenenergie – und damit vollständig kohlenstofffrei produziert werden kann. Linsinger verfügt zur Stromproduktion über eine 5.800 Quadratmeter große Photovoltaikanlage auf den Firmendächern.
Limitierender Faktor sind (aktuell noch) die Kosten. Denn die wasserstoffbetriebenen Maschinen sind um rund ein Viertel teurer als ihre dieselbetriebenen „Verwandten“. Aber nicht nur aus ökologischer Sicht bringen sie Vorteile. Die Maschinen sind nämlich nicht nur abgasfrei, sondern auch lärmarm und saugen das beim Fräsen anfallende Abfallmaterial – feine Späne und Schleifstaub – wieder ein. Dieser Abfall wird gesammelt und kann später recycelt werden. Ein Kühl- und Löschwassereinsatz ist nicht mehr notwendig. Gerade in Tunnelanlagen bringt das für die Bedienungsmannschaften enorme Verbesserungen.
Weltweite Premiere auf Schiene
Die Wasserstoffspeicherbehälter sind im Inneren der Maschine verbaut und somit sicherheitstechnisch optimal positioniert. Diese Verbundmaterialbehälter bestehen aus einem Kunststoffkern, der mit Kohlenstofffasern umwickelt ist. Das Betanken dauert aktuell rund 30 Minuten. Diese Konstruktion erlaubt die Speicherung von Wasserstoff unter hohem Druck und jahrelange Nutzungszeiträume.
„Bis 2030 soll Wasserstoff als Antriebsstoff im Mobilitätssektor nicht mehr die Ausnahme, sondern die Norm sein“, hofft Linsinger-CEO Günter Holleis auf eine umfassende Transformation. Tatsächlich gilt Wasserstoff als eine Schlüsseltechnologie für die Energiewende. Die MG11-H2, die weltweit erste wasserstoffbetriebe Bahnbaumaschine, soll einer der dafür erforderlichen Gamechanger sein.
GUT ZU WISSEN
- Linsinger wurde vor über 80 Jahren gegründet. Firmensitz ist Steyrermühl in Oberösterreich.
- Neben der Schienentechnik ist man auch im Werkzeugbau tätig und beliefert den Schiffsbaubereich mit Maschinen. Mit den entsprechenden Fräsmaschinen können Stahlplatten mit einer Größe von bis zu 24 x 36 Meter bearbeitet werden.
- Die aktuell rund 500 Mitarbeiter:innen haben zuletzt einen Umsatz von knapp unter 80 Millionen Euro erwirtschaftet.