Sind Wasserstofftanks der Motor für die Verkehrswende?

Wasserstoff soll ein Schlüssel zur Energiewende und vielversprechender Treibstoff der Zukunft sein. Davon ist man bei der Salzburger Aluminium Group (SAG) überzeugt und tüftelt am ersten zielführenden LKW-Tanksystem für flüssigen Wasserstoff.

Um die Klimawende herbeizuführen, führt kein Weg an innovativen Antriebstechnologien vorbei. Punkt. Die Frage aber ist: Welcher alternative Antrieb wird sich in welchem Bereich durchsetzen? Elektro-, Hybrid- oder doch Wasserstoffantrieb? Und wie sieht die Sache bei Schwerfahrzeugen aus? Kürzlich erst wurde auf dem steirischen Erzberg gar ein riesiger Howly mit Elektro-Antrieb vorgestellt. Dabei wird immer öfter propagiert, dass sich der batterieelektrische Antrieb als optimale Lösung für einen emissionsfreien Betrieb nur bei PKW durchzusetzen scheint.

Laut ExpertInnen sei der hohe Energiebedarf großer Nutzfahrzeuge an vielen Stellen schlichtweg zu groß und würde wenig sinnvolle Batteriegrößen notwendig machen. Wie also kann in Zukunft auch der Warentransport mit LKW nachhaltig gestaltet werden? Die aktuell vielversprechendste Idee: flüssiger Wasserstoff. Dieser kann als Alternative zum reinen Elektroantrieb dazu beitragen, das CO2 in Zukunft von der Straße zu bringen.

Gut zu wissen

Für den Antrieb in wasserstoffbetriebenen Fahrzeugen sorgt eine Brennstoffzelle. In einem chemischen Prozess reagiert Wasserstoff dabei mit Sauerstoff, und die dadurch in ihm gespeicherte Energie wird wiederum als Strom freigegeben, der schlussendlich einen Elektromotor antreibt.

So groß das Potenzial von Wasserstoff als Treibstoffalternative der Zukunft ist, so hoch sind dabei allerdings auch die technischen Herausforderungen. Vor allem was die Speicherung von Wasserstoff betrifft, wird die Sache kompliziert. Der Grund: Wasserstoffmoleküle sind nicht nur 14-mal leichter als Luft – verflüchtigen sich also leicht –, sie sind auch noch besonders klein, weshalb Behältnisse besonders dicht sein müssen, damit sich der Wasserstoff nicht schnell verflüchtigt. Herkömmliche Tanks reichen dafür bei Weitem nicht. Wie also kann man Wasserstoff effizient in Schwerfahrzeuge packen, um ihn als Treibstoff nutzen zu können?

Know-how aus Österreich

Die Antwort dazu liefert die Salzburger Aluminium Group (SAG), Marktführer bei Aluminiumtanks für LKW und führender Hersteller von Leichtbaukomponenten in der Automotivbranche: Kryotanks. So nennt man Tanks für flüssige, tiefkalte Gase mit sehr hohen Isolations- und Dichtungseigenschaften, wodurch die Verluste durch Erwärmung gering gehalten werden. Erste Prototypen wurden bereits gebaut, und schon in wenigen Monaten soll die Testphase beginnen.

Langjährige Expertise für die Entwicklung genutzt

Und das Unternehmen steht bei der Entwicklung dieser neuen Tankgeneration wahrlich in der Pole-Position. Schließlich musste man bei der Entwicklung dieser sogenannten LH2-Tanks nicht bei null anfangen. „Wir haben bereits Erfahrung mit speziellen Kryotanks für flüssiges Erdgas, sogenannten LNG-Tanks“, erklärt Johannes Winklhofer, Leiter der SAG Forschungs- und Entwicklungsabteilung. Und weiter: „Die technische Herausforderung ist bei flüssigem Wasserstoff allerdings noch einmal höher.“

In Gasform wird Wasserstoff auf bis zu 700 bar komprimiert und in speziellen Drucktanks gelagert, in flüssigem Zustand muss er „bei extrem niedrigen Temperaturen gespeichert werden“. Genauer gesagt: Damit Wasserstoff möglichst lange in diesem flüssigen Zustand bleiben kann, muss er bei minus 253 Grad Celsius gespeichert werden. Und wie bereits erwähnt, ist das Wasserstoff-Molekül eben so klein, dass es „schlichtweg überall durchschlüpfen kann und sich verflüchtigt“, so der Experte.

Eine große Thermoskanne

„Die technischen Herausforderungen an unsere Dichtungs- und Ventiltechnik ist dementsprechend hoch“, fährt Winklhofer fort. Das Entwicklerteam hat nach langer Forschung nun aber eine vielversprechende Lösung gefunden: „Unsere Tanks kann man sich tatsächlich wie eine große Thermoskanne vorstellen.“ Sprich: Der doppelwandige, vakuumisolierte Behälter wird zusätzlich mit Aluminiumfolien und mehrschichtigen Isolierungen ausgestattet, um eine Wärmestrahlung von außen nach innen zu verhindern.

Wasserstoff LKW
Das umfassende Know-how der SAG fließt nun in die Entwicklung innovativer LKW-Tanksysteme für flüssigen Wasserstoff.Foto: SAG

Denn: „Wird der Wärmeeintrag zu groß, dann verdampft Wasserstoff. Er wird gasförmig und dehnt sich aus. Dadurch wird der Druck in dem Tank deutlich erhöht, und darauf ist er einfach nicht ausgelegt“, klärt der Leiter der Forschungsabteilung auf. Aber keine Sorge: Wird der Druck tatsächlich zu groß, sorgen eingebaute Sicherheitsventile dafür, dass er entweichen kann, sodass es nie zu einer Explosion des Tanks kommt. Der gespeicherte Wasserstoff sollte jedenfalls fünf Tage lang flüssig bleiben, ohne dass er abdampft, den Druck erhöht und man ihn in die Atmosphäre entlassen muss. Winklhofer: „Das ist unser erklärtes Ziel.“

Flüssiger Wasserstoff als Gamechanger?

Warum aber Fahrzeuge nicht einfach mit gasförmigem Wasserstoff antreiben? Ganz einfach: Für gasförmigen Wasserstoff ausgelegte Tanks benötigen einfach ziemlich viel Platz – eine enorme Herausforderung für FahrzeugherstellerInnen. Anders sieht die Sache eben bei den neuen Kryotanks für flüssigen Wasserstoff aus. Diese sollen genau dort montiert werden, wo zurzeit noch herkömmliche Dieseltanks sitzen. Sprich: Man muss auf kein Transportvolumen verzichten. Außerdem kann im LKW-Verkehr mit gasförmigem Wasserstoff nur eine relativ geringe Reichweite erzielt werden. Mit der von SAG entwickelten Kryotanklösung sind künftig rund doppelt so hohe Reichweiten realisierbar. Genauer gesagt sollen Fahrzeuge, die mit maximal zwei Flüssigwasserstofftanks ausgestattet werden, nach Volltankung bis zu 1.000 Kilometer zurücklegen können. Grund dafür ist die hohe Energiedichte des LH2, mit der im Vergleich zum gasförmigen Zustand solch hohe Reichweiten erzielt werden können.

Wasserstoff LKW
Querschnitt durch einen Wasserstoff-Kryotank für einen LKW.Foto: SAG

Dass es rasch ein Umdenken im Straßengüterverkehr geben wird, davon ist Johannes Winklhofer jedenfalls überzeugt: „Die Transportbranche hat sich dazu verpflichtet, den CO2-Ausstoß im Vergleich zu 2019 bis 2030 um mindestens 30 Prozent zu senken.“ Auf dem Weg ins Wasserstoffzeitalter gibt es aber freilich noch einige Herausforderungen zu bewältigen. Vor allem aber muss das Image des alternativen Antriebs unbedingt aufgebessert werden.

Vorsicht bei Wasserstoff?

Wohl oder übel halten sich nämlich einige Vorurteile gegenüber wasserstoffbetriebenen Fahrzeugen in den Köpfen der Menschen. Einer davon: Sie seien zu gefährlich und drohen, schnell zu explodieren. „Stimmt nicht!“, meint Johannes Winklhofer. Zur Info: Wasserstoff ist zwar ein brennbares Gas, damit dieses aber überhaupt explodieren kann, braucht es ein spezielles Verhältnis von Druck und Sauerstoff sowie eine Zündquelle. Ein explosives Gemisch, auch bekannt als Knallgas, mit Sauerstoff bildet Wasserstoff erst bei einem Anteil ab 18 Prozent. Da Wasserstoff so viel leichter ist als Luft, verflüchtigt er sich aber so schnell, dass es erst gar nicht so weit kommt. Problematischer ist es, wenn sich Wasserstoff in nach oben geschlossen Hohlräumen fängt. Allerdings müssten die Räume dabei sehr dicht geschlossen sein, denn wir wissen: Wasserstoff dringt durch kleinste Ritzen.

Wird der Wärmeeintrag zu groß, dann verdampft Wasserstoff. Er wird gasförmig und dehnt sich aus. Dadurch wird der Druck in dem Tank deutlich erhöht, und darauf ist er einfach nicht ausgelegt.

Johannes Winklhofer, Leiter der SAG Forschungs- und Entwicklungsabteilung

In puncto Sicherheit müssen LH2-Tanks dennoch richtig viel aushalten. Falltests aus zehn Meter Höhe, Crashtests oder Tests, bei denen der Tank über ein offenes Feuer gestellt wird – alles müssen die Tanks überstehen, denn hier wird kein Risiko eingegangen. Gut zu wissen: „Sollte es zu einem Wasserstoffleck kommen und sich das austretende Element tatsächlich entzünden, so hat Wasserstoff den Vorteil, dass eine vertikal nach oben zeigende Stichflamme entsteht, kein Flächenbrand“, weiß Winklhofer.

Tatsächlich nachhaltig?

Und wie sieht es mit der Ökobilanz der schon bald durch die Gegend fahrenden Fahrzeuge aus? Derzeit werden schließlich mehr als 95 % des Wasserstoffs weltweit aus Kohlenwasserstoffen hergestellt, wobei schädliches CO2 erzeugt und emittiert wird. Damit Wasserstoff aber zu einem wesentlichen und dauerhaften Element einer nachhaltigen Energiewirtschaft werden kann, muss er grün produziert werden. Eine umweltfreundlichere Technologie zur CO2-neutralen Erzeugung von Wasserstoff soll durch Elektrolyse von Wasser geschaffen werden. Die dafür nötige Energie wird dabei vollständig durch erneuerbare Energien wie etwa Wind- oder Sonnenenergie gedeckt. Neben heimischen Wind- und Solaranlagen „könnte man doch in sonnenreichen Regionen, wie etwa Afrika, Solarparks errichten, mithilfe der Elektrolyse Wasserstoff erzeugen und diesen über Pipelines oder mit dem Schiff nach Europa transportieren“, schildert Winklhofer eine mögliche Lösung für eine noch bessere Ökobilanz.

Wasserstoff LKW
Mit dem Einsatz erneuerbarer Energien kann die Produktion von Wasserstoff als Antrieb für LKW völlig nachhaltig gestaltet werden.Foto: adobe stock | Hrui

Ab 2027 in Serienproduktion

Die Entwicklungen des Tanks schreiten laut Unternehmen jedenfalls gut voran. „2024 werden wohl die ersten Fahrzeuge mit Kryotank auf öffentlichen Straßen unterwegs sein“, blickt der SAG-Experte in die Zukunft. Ab 2027 soll der LH2-Tank dann auch in Serienproduktion gehen. Das Interesse an den Tanks seitens Fahrzeugherstellern sei bereits jetzt schon groß.

Bis tonnenschwere Laster auf unseren Straßen mit ihren Wasserstofftanks den Weg Richtung Energiewende ebnen, wird es allerdings noch einige Jahre dauern. Doch bereits jetzt steht fest: Die Salzburger Aluminium Group gibt in Sachen sauberer Mobilität richtig Gas.

Über SAG:

  • Die Salzburger Aluminium Group (SAG) ist ein österreichisches Familienunternehmen mit Standorten in Lend und Schwarzach/Salzburg, Wien und neun Auslandsstandorten in Europa, Mexiko, Kanada und den USA.
  • Aktuell sind bei der SAG 1.100 MitarbeiterInnen an 12 Standorten weltweit beschäftigt.
  • Der Exportanteil liegt bei über 90 Prozent.
  • Das Unternehmen ist einer der führenden Anbieter von Aluminiumtanksystemen sowie hochwertigen Aluminiumkomponenten für die Automobil-, Nutzfahrzeug- und Bahnindustrie.
  • Hauptkunden sind OEMs (Original Equipment Manufacturers) sowie Unternehmen aus der Schienenfahrzeug- und Sonderfahrzeugindustrie.
Credits Artikelbild: adobe stock | PhotoGranary

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