Swarovski Optik

Weitsichtig: Swarovski Optik-Ferngläser mit Livestream-Funktion

Um Dinge, die kilometerweit entfernt sind, gut sehen zu können, geht es bei Ferngläsern von Swarovski Optik um Millionstelmillimeter. Produziert wird in Absam in Tirol, Corona hat die Nachfrage erhöht.

Die Bettelwurfhütte klebt wie ein Vogelnest auf 2.077 Meter auf einer kleinen Geländekante in der sogenannten Halltalkette im Karwendelgebirge. Aus dem Inntal und mit freiem Auge gleicht die Hütte einem winzigen Punkt in der Felswand. Blickt man hingegen am Fuße des Bergs vom Werksgelände von Swarovski Optik in Absam durch eines der hier produzierten Ferngläser oder gar Teleskope hinauf, lässt sich klar und deutlich erkennen, wie viele Gäste gerade auf der Terrasse unter den rot-weiß-rot gestrichenen Fensterbalken neben der Tirolflagge und den gelben Hinweistaferln sitzen. 

Dass Ferngläser Distanzen scheinbar schrumpfen lassen und einem weit entfernte Dinge nahe bringen, ist Daseinszweck derartiger Geräte. Was überrascht, ist aber mit welcher Schärfe, Klarheit und Helligkeit sie diese Fernblicke ermöglichen. Dahinter steckt Erfahrung – im Fall von Swarovski Optik eine von bald 74 Jahren Unternehmensgeschichte – und die Expertise, bei Swarovski weltweit von mehr als eintausend MitarbeiterInnen, 850 davon in Absam.

Swarovski Optik investierte 150 Millionen Euro

Der Standort auf einem ehemaligen Kasernengrund im heutigen Einfamilienhausgürtel der Tiroler Gemeinde wurde damals strategisch gewählt, um den für die Fertigung notwendigen Wasserbedarf durch die Bäche aus dem Karwendel decken zu können. Seither hat man schrittweise vergrößert. Allein in den letzten 15 Jahren investierte das Unternehmen 150 Millionen Euro in den Standort. Erst im vergangenen Jahr wurde eine weitere Ausbaustufe um 27 Millionen Euro abgeschlossen. Produziert wird hier vor allem für den Auslandsmarkt.

Swarovski Zentrale Absam
Die Swarovski-Zentrale in Absam. Hier werden Ferngläser für den Weltmarkt produziert.Foto: Swarovski Optik

Die Exportquote liegt bei 91 Prozent. In 42 Ländern setzt man auf Direktvertrieb. Ebenso international sind die Lieferketten. Das hat zuletzt bei Elektronikkomponenten teilweise zu Problemen geführt. Dennoch „läuft das Werkl“. „Wir profitieren wir vom weltweiten Trend des Wiederentdeckens der Natur als Kraftplatz und Erholungsort“, bestätigt Andreas Gerk, Sprecher des Vorstandes von Swarovski Optik.

120.000 Stück produziert

So schlägt sich der Trend zurück zur Natur und hin zu Outdooraktivitäten vor der eigenen Haustüre auch in Verkaufszahlen nieder. Setzte man 2020 noch 14.000 Stück leichte Kompaktferngläser ab, waren es 2021 bereits 18.000 Stück. Insgesamt werden jährlich rund 120.000 Stück Ferngläser und sogenannte Beobachtungsoptik (Teleskope, Fernrohre) produziert. 

Das kontinuierliche Wachstum erlebte damit einen zusätzlichen Schub, was sich auch in der Zahl neuer MitarbeiterInnen widerspiegelt: Hundert Neueinstellungen sind auf der plakativen Fotowand im Eingangsbereich des Headquarters vermerkt. Die meisten kommen direkt aus der Region. Vor allem für den technischen Bereich läuft die Suche aber ungebrochen weiter.

400 verschiedene Glassorten

Schon seit der Gründung bildet man dafür auch Lehrlinge aus, aktuell sind es rund 40 in den Berufsbereichen Feinoptik, Automatisierungs- und Prozesstechnik und Zerspanungstechnik. Die Ausbildungswerkstätten sind modern, das Betriebsklima amikal, die Arbeit fordernd.

Unter bis zu 400 verschiedenen Glassorten müssen zunächst die passenden und besten errechnet, ausgesucht und zusammengefügt werden. Allein im Fall von Outdoor-Ferngläsern sind bei Swarovski beispielsweise zwanzig optische Komponenten aus vier bis fünf verschiedenen Glassorten verbaut. An den „Treffpunkten“ zwischen Glas und Luft konnte dank ausgeklügelter Entwicklungsarbeit der Lichtverlust von drei bis vier auf 0,2 Prozent minimiert werden. Das Ergebnis sind helle, klare und scharfe Bilder, die man geliefert bekommt – im Gegensatz zu Billigprodukten, in denen Kunststofflinsen im Einsatz sind.

Fernglas erkennt via App Vögel

Zudem kommen in Zielfernrohren mittlerweile Bluetoothtechnologie und Apps zum Einsatz, die bei der Jagd auf Basis von Gewehr und verwendeter Munition Flugbahn und richtigen Neigungswinkel berechnen. Ferngläser wiederum lassen sich über Wi-Fi mit Smartphones oder Tablets verbinden. So können Begleitpersonen via Livestream-Funktion auf ihren Geräten genau das sehen, was der Beobachter durch sein Fernglas sieht.

Zudem gibt es eigene Apps, die dem Beobachter verraten, welches Tiere er gerade gesichtet hat. Das funktioniert anhand von mit dem Fernglas aus der dG-Serie gemachten Fotos. Die Software erkennt dann, um welchen Vogel es sich handelt. Gerade für die boomende Vogelbeobachter-Szene ein hilfreiches Servicetool.

Ultraschallwaschanlagen und „Flowboxen“

Dafür braucht es nicht nur technologisches Wissen, sondern auch exakt funktionierende Geräte. Präzision steht daher bei der Verarbeitung an oberster Stelle. Viele der dafür notwendigen Fertigungsanlagen sind Eigenproduktionen aus den internen Werkstätten mit eigens eingebauten Messeinrichtungen. Denn je nach Produktionsschritt sind Genauigkeiten zwischen Millionstel- und Hundertstelmillimeter gefordert. Die Vergütungsschichten, die nach Geheimrezepten abgemischt und bei bis zu 3.000 Grad zum Entspiegeln auf die Glasteile aufgebracht werden, sind gerade einmal ein Atom dünn.

Swarovski Produktion Handarbeit
Bei der Produktion von Ferngläsern und Beobachtungsfernrohren wird auf höchste Präzision und Handarbeit gesetzt.Foto: Swarovski Optik

Um im von viel Handarbeit geprägten Fertigungsprozess absolute Sauberkeit zu garantieren, hantieren die MitarbeiterInnen unter sogenannten „Flowboxen“, in denen gefilterte Luft für einen permanenten, leichten Luftzug eingeblasen wird, um etwaige Staubpartikel abzusaugen. Am Ende laufen die Teile noch durch eine Ultraschallwaschanlage und jedes fertige Produkt durch eine Dichtekontrolle mit Edelgas.

Spezialgebiet für Frauen

Manchmal ist aber nicht nur Fingerspitzengefühl, sondern auch die richtige Temperatur der Finger entscheidend. Beim „Ansprengen“ beispielsweise, einem wesentlichen Arbeitsschritt bei der Bearbeitung von Glasrohlingen, aus denen später die Optik für Ferngläser gemacht wird. 

Die exakt polierten Oberflächen von zwei Prismen werden dabei so präzise aneinandergepresst, dass sie nur durch die Adhäsionskräfte „zusammenpicken“. Es hat sich herausgestellt, dass das mit tendenziell kühleren Fingern besser funktioniert. Ein Grund, warum dieser Arbeitsschritt bei Swarovski Optik in einem ansonsten noch immer eher maskulinen Berufsumfeld zur exklusiven Frauendomäne geworden ist.

GUT ZU WISSEN

  • Swarovski Optik wurde 1949 von Wilhelm Swarovski gegründet und ist heute Teil Unternehmensgruppe Swarovski.
  • Das Unternehmen ist auf die Entwicklung und Herstellung fernoptischer Geräte (Ferngläser, Teleskope, Zielfernrohre) spezialisiert.
  • Produziert wird am Stammsitz in Absam in Tirol, weitere Standorte befinden sich in Guntramsdorf und Nordamerika.
  • 2021 lag der Umsatz bei 210,4 Millionen Euro (2020: 163,5 Mio. Euro; 1993: 31,7 Mio. Euro) und die Exportquote bei 91 Prozent.
  • Das Unternehmen beschäftigt weltweit rund 1000 MitarbeiterInnen.
Credits Artikelbild: Swarovski Optik

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