Mitarbeitersuche Rot-Weiß-Rot-Karte

Suche nach Fachkräften: Rot-Weiß-Rot-Karte als Trumpf

Um die Überalterung und den Fachkräftemangel am Arbeitsmarkt zu entschärfen, braucht es Arbeitskräfte aus dem Ausland. Für Nicht-EU-Bürger wird jetzt der Zugang über die Rot-Weiß-Rot-Karte erleichtert. Aber wie funktioniert dieses System? Eine Erklärung in zehn Punkten.

1) Wie viele Arbeitskräfte werden gesucht?

Auf den ersten Blick scheint es paradox. Auf der einen Seite wird nach Arbeitskräften gesucht, auf der anderen Seite gibt es Arbeitslose. Tatsächlich sind beim Arbeitsmarktservice (AMS) mit Stand Ende April rund 250.000 Menschen beziehungsweise 327.000 (inklusive Schulungen) arbeitslos gemeldet. Parallel sind aber 124.000 Jobs (ein Allzeithoch!) unbesetzt, davon über 45.000 im produzierenden Sektor. Die tatsächliche Gesamtzahl dürfte laut Arbeitsminister Martin Kocher sogar wesentlich höher liegen. Er geht davon aus, dass nur rund die Hälfte der offenen Stellen beim Arbeitsmarktservice gemeldet sind.

2) Warum braucht Österreich Arbeitskräfte aus dem Ausland?

Dem enormen Bedarf an MitarbeiterInnen steht eine demografische Entwicklung Richtung Überalterung und Pensionierungswelle gegenüber. Ein wachsendes Problem für die Unternehmen. Zum einen, weil der Berufsnachwuchs fehlt. Zum anderen sind gut ausgebildete, hoch qualifizierte Fachkräfte allgemein „Mangelware“ am heimischen Arbeitsmarkt. Um diese Lücke zu schließen, rufen Unternehmen nach Arbeitskräften aus dem Ausland.

3) Welche Regeln gelten für ausländische Arbeitskräfte?

Während es für Personen aus der EU diesbezüglich keine Grenzen gibt, gelten für Bürger aus Drittstaaten eigene Regeln und Limits für den Zugang auf den österreichischen Arbeitsmarkt. So benötigen sie, wenn sie sich länger als sechs Monate in Österreich aufhalten wollen, ein Visum; wenn sie hier auch arbeiten wollen eine sogenannte Rot-Weiß-Rot-Karte.

4) Was ist die Rot-Weiß-Rot-Karte?

Dabei handelt es sich um eine kombinierte Aufenthalts- und Arbeitsgenehmigung für Personen aus nicht EU- und EWR-Staaten beziehungsweise aus der Schweiz. Sie wird für 24 Monate ausgestellt und berechtigt zur befristeten Niederlassung und zur Beschäftigung bei einem/einer bestimmten ArbeitgeberIn. Es gibt aber eine zusätzliche Einschränkung: Bei den Karten-BezieherInnen muss es sich um besonders Hochqualifizierte sowie Schlüsselarbeitskräfte oder Fachkräfte in Mangelberufen handeln.

5) Wie viele Rot-Weiß-Rot-Karten werden vergeben?

Im Jahr 2021 wurden 143 Rot-Weiß-Karten für besonders Hochqualifizierte, 714 für Mangelberufe und 842 für sonstige Schlüsselkräfte vergeben. Über die Blaue Karte der EU kamen vergleichsweise nur 286 Arbeitskräfte nach Österreich.

6) Was ist die Blaue Karte der EU?

Die Blaue Karte der EU zielt darauf ab, hochqualifizierten Arbeitskräften beziehungsweise AkademikerInnen einen unionsweiten Zugang auf den Arbeitsmarkt zu ermöglichen. Für diese Blaue Karte gelten eigene Bestimmungen. So darf es keine vermittelbaren, gleich qualifizierten Arbeitskräfte geben, die beim AMS arbeitsuchend vorgemerkt sind. Außerdem muss der Bezieher ein verbindliches Arbeitsplatzangebot für mindestens ein Jahr in Österreich besitzen. Die Beschäftigung muss der Ausbildung entsprechen und man muss ein Jahresgehalt erhalten, das mindestens dem durchschnittlichen Bruttojahresgehalts von Vollbeschäftigten entspricht (2022: 44.394 Euro). Eigentlich gilt in der EU noch bis 2023 ein Limit vom 1,5-Fachen (66.593 Euro Bruttojahresgehalt zuzüglich Sonderzahlungen). Die Herabsetzung wird in Österreich im Rahmen der Reform aber vorgezogen.  Auch können hochqualifizierte IT-ExpertInnen ohne Abschluss eines Studiums eine Blaue Karte bekommen. Dafür müssen sie eine mindestens dreijährige, einschlägige Berufserfahrung auf Hochschulniveau innerhalb der letzten sieben Jahre vorweisen können.  

7) Warum besteht Reformbedarf?

Gerade angesichts des zunehmenden Fachkräftemangels im Inland ist die Anwerbung qualifizierter Fach- und Schlüsselkräfte aus Drittstaaten ein wichtiger Baustein für einen innovativen, wettbewerbsfähigen Arbeits- und Industriestandort. Langsame Verfahren und andere blockierende Kriterien wirken dem aber entgegen. Auch braucht es angesichts allgemeiner Veränderungen am Arbeitsmarkt – beispielsweise den Trend zu temporärer Projektarbeit und häufigeren Jobwechseln im Laufe einer Berufskarriere – mehr Flexibilität. Die fehlt derzeit.

9) Was soll sich ändern?

Ein jetzt eingebrachter Gesetzesentwurf sieht als Hauptziel vor, die Rahmenbedingungen der Rot-Weiß-Rot-Karte an einen modernen Arbeitsmarkt anzupassen. So soll der Zugang durch geänderte Voraussetzungskriterien vereinfacht und der Prozess generell schneller und effizienter gestaltet werden. Verfahren sollen demnach nur mehr rund die Hälfte der bisherigen Dauer in Anspruch nehmen – also im Schnitt zwei bis drei Monate. Damit ist berücksichtigt, dass Betriebe beispielsweise IT-SpezialistInnen oft schnell für ein temporäres Projekt brauchen. Auch in der Tourismusbranche und im Pflege-/Gesundheitsbereich wird es künftig eine Rot-Weiß-Rot-Karte für Saisonarbeitskräfte geben. Derzeit ist der Bereich der Saisonarbeit im Tourismus oder der Landwirtschaft nämlich ausschließlich mittels Kontingenten – sowie zeitlich befristet – geregelt. Nun sollen SaisonarbeiterInnen, die seit drei Jahren immer wieder in Österreich tätig sind, zunächst zu Stammsaisonniers werden und nach weiteren zwei Jahren ebenfalls Zugang zur Rot-Weiß-Rot-Karte erhalten.  

10) Wie spüren Bewerber die Reform?

Die Berufserfahrung und Sprachkenntnisse werden stärker angerechnet. So sollen erbrachte Deutschnachweise für fünf statt wie bisher nur für ein Jahr gültig sein. Darüber hinaus soll es gleich viele Punkte für Englisch- wie für Deutschkenntnisse geben, wenn die Konzernsprache Englisch ist. Bei Mangelberufen werden Lehrabschlüsse mit Universitätsabschlüssen punktemäßig gleichgestellt. Sonstige Schlüsselkräfte können sich ihre Berufserfahrung auch dann anrechnen lassen, wenn die Ausbildung in einem anderen Bereich absolviert wurde. Für StudienabsolventInnen wiederum soll die bis dato bestehende Einkommensgrenze von 2.551 Euro Bruttomonatseinkommen ohne Sonderzahlungen fallen. Es wird jedoch weiterhin darauf geachtet, dass die InhaberInnen einer Rot-Weiß-Rot – Karte angemessen entlohnt werden und generell qualifizierte beziehungsweise erfahrene Kräfte nach Österreich kommen.

Credits Artikelbild: adobe stock | fizkes

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