Im Kampf gegen Corona hat sich ein thailändisches Forschungsteam Unterstützung aus Österreich geholt. Spezielle Roboter sollen helfen, die Entwicklung eines weiteren COVID-19-Impfstoffes schneller voranzutreiben.
Nach wenigen Sekunden war alles vorbei, und doch war es ein historischer Moment: Am 8. Dezember 2020 früh morgens um 6:31 Uhr wurde die 90-jährige Britin Margaret Keenan als erster Mensch der Welt gegen COVID-19 geimpft – nicht ganz ein Jahr nachdem im Zentralkrankenhaus Wuhan erstmals Fälle einer mysteriösen Lungenentzündung bekannt geworden waren.
Die Geschwindigkeit, mit der der Corona-Impfstoff entwickelt wurde, ist beispiellos in unserer Geschichte. Bis dahin lag der Rekord für die schnellste Impfstoffentwicklung bei vier Jahren. So lange hatte man gebraucht, um eine wirksame Impfung gegen Mumps herzustellen. Mittlerweile wurden weltweit mehr als 2,75 Milliarden COVID-19-Impfdosen verimpft. Jeden Tag kommen 40,8 Millionen hinzu (Stand: 23.6. 2021, Quelle: Our World in Data).

Doch egal, wie schnell wir sind, das Virus ist schneller. Es mutiert. Wird noch ansteckender und unberechenbarer. Aber das könnte sich ändern. Dank der Hilfe von Robotern. Ein thailändisches Forschungsteam zeigt vor, wie’s geht. Für die Entwicklung eines Corona-Impfstoffs hat es sich Unterstützung vom Energie- und Automatisierungskonzern ABB geholt. Das Unternehmen zählt weltweit zu den führenden Herstellern von Industrierobotern und beschäftigt rund 105.000 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in mehr als 100 Ländern.
YuMi®, bitte kommen!
Die Österreich-Zentrale von ABB ist in Wiener Neudorf. Hier werden die Roboter assembliert und programmiert – so auch der IRB 1100 und der YuMi®. Beide bilden gemeinsam das Kernelement des sogenannten AI-Immunizers, also jenem System, das in Thailand die Entwicklung eines weiteren und besonders wirksamen Corona-Impfstoffs beschleunigen soll.
Roboter als Helfer im Spital
Dass Roboter uns im Kampf gegen Corona eine große Stütze sind, haben sie schon mehrfach unter Beweis gestellt. So nutzen viele Krankenhäuser bereits jetzt Desinfektionsroboter, die z. B. mittels UV-Licht 99,99 Prozent aller Mikroorganismen in einem Krankenhauszimmer vernichten und dafür nicht mehr als zehn Minuten brauchen. Der erste Patient in Amerika, bei dem das COVID-19-Virus diagnostiziert wurde, wurde mit Hilfe eines ferngesteuerten Roboters behandelt, der mit einem Stethoskop und einem Bildschirm ausgestattet war. Über diesen konnte der Arzt mit dem Mann kommunizieren und auch einfache Messungen vornehmen. Und in einem Krankenhaus in Wuhan soll ein Roboter alle 15 Minuten 36 Portionen Reisauflauf zubereitet und anschließend serviert haben, damit die Krankenhauskantine nicht rund um die Uhr besetzt sein musste.
Während es sich beim IRB 1100 um einen klassischen Industrieroboter handelt, ist der zweiarmige YuMi® ein kollaborativer Roboter, auch Cobot genannt. Diese Art von Roboter wurde speziell für die Zusammenarbeit mit Menschen entwickelt. Aber was können die beiden nun, was wir nicht können?
Schnellere Tests, weniger Fehler
Im Grunde machen sie genau das, was das Laborpersonal auch macht, nur präziser, schneller und ohne sich dabei einem Gesundheitsrisiko auszusetzen. Wie das in Thailand in der Praxis aussieht, haben wir uns von Dario Stojicic erklären lassen. Er ist Cobot-Spezialist bei ABB in Wiener Neudorf. YuMi® ist für die menschlichen Immunneutralisationstests verantwortlich, erläutert Stojicic: „Seine menschenähnlichen Arme und Greifer erlauben es ihm, mit Standard-Laborwerkzeugen und -geräten zu arbeiten. Dabei kann er hantieren und Entnahmetätigkeiten genau so ausführen wie das Laborpersonal.“
Während dieses Prozesses werden Proben des COVID-19-Virus und verschiedene Antikörper gemischt und getestet. Die Analyse erfolgt anschließend mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz. YuMis® Kollege, der Knickarmroboter der Type IRB 1100, stellt hingegen sicher, dass die Rezeptur zuverlässig ist. Dafür muss er die Impfstoffprüfung wiederholen. „Der IRB 1100 arbeitet dabei mit mehreren Proben gleichzeitig, beschleunigt so den Arbeitsprozess und ermöglicht eine kontinuierliche Wiederholung der Tests mit weniger Fehlern“, sagt der Cobot-Spezialist.
Roboter verringern Risiko
„Dank grafikgestützter Programmierung lassen sich die Roboter auch für andere Aufgabe einfach anpassen, etwa wenn sich das Testverfahren ändert oder zusätzliche Handhabungstätigkeiten erforderlich sind.“ Doch das ist erst der Anfang. Denn gerade im medizinischen Bereich können wir uns weder Fehler noch Verzögerungen leisten. In Zukunft sollen daher Roboter auch bei der Entwicklung anderer Impfstoffe zum Einsatz kommen und so das menschliche Fachpersonal entlasten, das Infektionsrisiko eindämmen und die Produktion beschleunigen.
„Der robotergesteuerte AI-Immunizer liefert wertvolle Anhaltspunkte für eine zukünftige Entwicklung von Impfstoffen auf industrieller Ebene“, sagt Dario Stojicic. Wohin die Reise letztendlich gehen wird, können wir uns heute noch gar nicht vorstellen. Fest steht nur, dass wir staunen werden, was mit Hilfe von Robotern noch alles möglich ist.
GUT ZU WISSEN
- ABB (Asea Brown Boveri) ist ein führendes Technologieunternehmen, dessen Geschäftsfelder Elektrifizierung, Robotik, Automation und Antriebstechnik mit Software umfassen.
- Der Konzern beschäftigt heute rund 105.000 MitarbeiterInnen in mehr als 100 Ländern.
- In Österreich hat ABB sechs Standorte. Die Österreich-Zentrale liegt in Wiener Neudorf, die übrigen Stützpunkte in Graz, Klagenfurt, Innsbruck, Wals und Linz.