Wirtschaftsbildung Schule

Wirtschaftsbildung: Schulfach statt Schuldenloch

An 30 Schulen in ganz Österreich wird seit Herbst Wirtschaftsbildung in den Unterricht integriert. So will man Kinder auf das Leben nach der Schule vorbereiten. Geht die Rechnung wirklich auf? Zeit für eine erste Bilanz.

Dass in Österreich ein Bedarf an verstärkter Finanz- und Wirtschaftsbildung besteht, beweist die Schuldnerstatistik. Demnach sind rund 700.000 Österreicher:innen überschuldet. Davon immer stärker betroffen sind Jugendliche. Laut Schuldnerberatung ist fast ein Viertel der Klient:innen 30 Jahre oder jünger.

Was die Statistik auch zeigt: je geringer die Schulbildung, desto höher die Gefahr, sich zu verschulden. Dennoch sind auch in bestehenden Lehrplänen sogenannte Life Skills – also Kompetenzen und Fähigkeiten, die es einem ermöglichen, die Herausforderungen und Probleme des Alltags zu meistern – bisher zu wenig berücksichtigt.

Keine Wirtschaftsbildung, hohe Schulden 

Gerade junge Menschen tappen leicht in die Schuldenfalle, nicht zuletzt wegen verschiedener „Buy now pay later“-Anbieter. So lag das Durchschnittsverschuldung bei den Unter-30-Jährigen zuletzt bei rund 30.000 Euro – hervorgerufen unter anderem durch irrationales Konsumverhalten.

Schuldenfalle
Schuldenfalle: Mit 30.000 Euro stehen Jugendliche, die zur Schuldnerberatung kommen, durchschnittlich „in der Kreide“.Foto: KMPZZZ

Bestes Beispiel ist der aktuelle Tiktok-Trend #Klarnaschulden mit mehr als 50 Millionen Aufrufen. User:innen posten darunter Videos, in denen sie ihre Schuldenstände präsentieren, die von wenigen hundert bis zu rund 60.000 Euro reichen.

SCHULPILOT WIRTSCHAFTSBILDUNG

  • Die Planung und Finanzierung des Pilotprojekts Wirtschaftsbildung übernimmt die Stiftung für Wirtschaftsbildung.
  • Sie wurde von Industriellenvereinigung, Arbeiterkammer, Erste Stiftung, Innovationsstiftung für Bildung, MEGA Bildungsstiftung, der Oesterreichischen Nationalbank und der Wirtschaftskammer gegründet wurde.

Um die dahinterliegenden Lücken im Bereich Finanz- und Wirtschaftsbildung zu schließen, sollen nun auch die Lehrpläne adaptiert werden. Dabei geht es nicht nur um einen neuen Namen – aus „Geografie und Wirtschaftskunde“ wird „Geografie und Wirtschaftsbildung“ –, sondern auch um konkrete Lerninhalte.

Pilotprojekt an 30 Schulen

30 Schulen in ganz Österreich haben schon im Herbst ein entsprechendes Pilotprojekt gestartet, mit dem Ziel, Schüler:innen verstärkt unternehmerisches Wissen zu vermitteln. Dabei bleibt es den Schulen überlassen, ob sie Wirtschaftsbildung als eigenes Fach einführen oder das Thema fächerübergreifend in den Unterricht integrieren. Die Stiftung für Wirtschaftsbildung unterstützt sie, indem sie Lehr- und Lernmaterial, Coachings, Fortbildungen und finanzielle Förderungen bereitstellt. „Lebensnahe Wirtschaftsbildung ist unerlässlich für ein eigenverantwortliches und auch schuldenfreies Leben“, sagt Matthias Reisinger, geschäftsführender Vorstand der Stiftung für Wirtschaftsbildung.

BRG Oberpullendorf
Wirtschaftsbildung anhand von Alltagsbeispielen: Schüler:innen des BRG Oberpullendorf als Popcornproduzent:innen.Foto: BRG Oberpullendorf

Unter den 30 Pilotschulen ist auch das BG/BRG/BORG Oberpullendorf im Burgenland. Heuer nehmen drei erste Klassen am Projekt teil, in den kommenden drei Jahren folgen die zweite, dritte und vierte Schulstufe. Im Rahmen eines eigenen Schulfachs mit einer zusätzlichen Wochenstunde sollen die Schüler:innen unter anderem lernen, nachhaltig und verantwortungsbewusst zu wirtschaften, Einnahmen und Ausgaben eines Haushalts zu planen oder Kaufverträge zu analysieren. Es gab auch Aktionstage, an denen die Schüler:innen die Theorie in die Praxis umsetzen konnten, indem sie sich als Popcornproduzent:innen versuchten. Dadurch wurden Themen wie Landwirtschaft, die Auswirkungen des Kriegs in der Ukraine oder Nachhaltigkeit begreifbar gemacht, ebenso wie Marketing, Preisbildung und Kostenplanung oder Massenproduktion. 

Geldscheine aus Baumwolle

Die Schüler:innen der Mittelschule Gnas in der Steiermark beschäftigten sich hingegen mit Themen wie Upcycling, dem ökologischen Fußabdruck und nachhaltigem Wirtschaften, machten im Fahrradgeschäft im Ort gebrauchte Räder wieder straßentauglich, besuchten einen lokalen Handwerksbetrieb und einen Vortrag der Oesterreichischen Nationalbank. Dort fanden sie zum Beispiel heraus, „dass Geld aus Baumwolle besteht, welche nur an zwei Standorten angebaut wird“ und dass Nachhaltigkeit beim Anbau ebendieser eine große Rolle spielt.

„Wir dürfen sie dabei unterstützen, ökonomische Zusammenhänge zu verstehen. So schaffen wir es tatsächlich, die Jugendlichen auf das Leben nach der Schule vorzubereiten“, zieht Matthias Reisinger nach einem halben Jahr eine positive Zwischenbilanz.

Credits Artikelbild: adobe stock | Robert Kneschke

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