Essity ist der erste Hygieneprodukthersteller in Europa, der einen landwirtschaftlichen Reststoff in der industriellen Produktion nutzbar macht. Die Geheimzutat? Weizenstroh aus lokaler Landwirtschaft.
Wie wir bereits wissen, hat sowohl Recyclingpapier als auch recyceltes Hygienepapier einen hervorragenden ökologischen Fußabdruck. Aber auch darin steckt ein kleiner Anteil aus frischem Zellstoff, der aus Bäumen gewonnen wird. Und diese sind – trotz nachhaltigem Anbau – einfach zu kostbar, um sie in Wegwerfprodukte zu verwandeln. Das dachte man offensichtlich auch beim Unternehmen Essity, das einen der wichtigsten Produktionsstandorte im niederösterreichischen Pernitz besitzt.
Essity gelang in den letzten Jahren etwas, das bis dato noch kein Hygieneproduktehersteller in Europa geschafft hat: hochwertigen Zellstoff aus Weizenstroh herzustellen. Jenes ist derzeit nämlich ein Abfallprodukt der lokalen Landwirtschaft und wird nicht immer vollständig genutzt. Das neuartige Material steht der Qualität von Frischfaserzellstoff aus Holz um nichts nach. Toilettenpapier, Taschentücher und Co. aus dem neuartigen Material sind also genauso weich, reißfest und saugstark, wie man es von anderen Hygieneprodukten kennt. Einen großen Unterschied gibt es aber: Im Produktionsprozess von Zellstoff aus Weizenstroh werden weit weniger Wasser und Energie eingesetzt.
Investition in die Zukunft
Da stellt sich doch die Frage: Wenn diese neue Methode so viel besser ist als die konventionelle, warum wendet dann noch nicht jedes Unternehmen sie an? Nun, da scheitert es wie so oft an den Investitionskosten. Essity investierte bis jetzt 40 Millionen Euro in das neuartige Verfahren. Start dieses Pilotprojekts ist am deutschen Standort in Mannheim, dem größten europäischen Produktionsstandort des Unternehmens. Auf dem Werksgelände entsteht gerade eine Fabrik in der Fabrik – und die Ziellinie ist bereits in Sicht. Insgesamt erstreckt sich die neue Anlage über eine Fläche von 8.000 Quadratmetern.
„Wir sind als erstes Unternehmen der Branche technologisch in der Lage, einen Zellstoff aus alternativen Fasern herzustellen“, beschreibt Werkleiter Roger Schilling die weltweit erste Anwendung von Weizenstroh im hochwertigen Tissue-Bereich. „Das ist etwas Neues, da steckt viel Entwicklungsarbeit drin. Allein durch die kürzeren Anlieferungswege entsteht viel weniger CO2-Belastung“, zeigt sich Schilling begeistert.
So funktioniert’s: Zellstoff aus Weizenstroh
Das Stroh wird zunächst von Fremdpartikeln befreit und gereinigt. Anschließend wird es „aufgeschlossen“, also durch Kochen und chemische Prozesse in seine Bestandteile zerlegt. Über die einen Kilometer lange Leitung wird der Zellstoff dann in flüssiger Form direkt zu den Papiermaschinen gepumpt. Um daraus die geplanten 35.000 Tonnen Strohzellstoff zu erhalten, werden pro Jahr 70.000 Tonnen Stroh gebraucht. Das Stroh soll auch bei zukünftigen Produktionsstandorten in erster Linie von LandwirtInnen aus der Region kommen. Als einziges Nebenprodukt bleibt die Ablauge, das sogenannte Lignin. Es wird in einer Eindampfanlage konzentriert und kann später industriell weiter verwertet werden. Erste Interessenten aus der chemischen Industrie möchten den Stoff als Grundlage für Folien verwerten. Auch für neuartige Biokunststoffe findet Lignin immer wieder Verwendung.
Bald auch in Österreich
Wann genau sich der Einsatz von Zellstoff aus Weizenstroh an allen Produktionsstandorten durchsetzt und auch zu uns nach Österreich kommt, steht im Moment noch nicht fest. „Wir betreten mit der Investition immerhin Neuland“, merkt Roger Schilling an. Fix eingeplant ist aber, in Zukunft die gesamte Menge an Zellstoff aus Bäumen durch den neuen aus Weizenstroh zu ersetzen. Ab Sommer 2022 sind mit der Marke Plenty die ersten Haushaltstücher mit Stroh auch in Österreich erhältlich.
Über Essity:
Essity ist ein globales Hygiene- und Gesundheitsunternehmen mit Hauptsitz in Stockholm. Der Umsatz im Jahr 2019 betrug 12,2 Mrd. Euro. In Österreich ist Essity in den Geschäftsbereichen Hygienepapiere, Professionelle Hygiene und Körperpflege tätig. Zu den bekanntesten Marken zählen u. a. TENA sowie die Hygienepapiere feh, Tempo, Cosy, Zewa und die Recyclingmarke DANKE. Neben Verwaltungsstandorten in Wien gibt es einen Produktionsstandort in Ortmann/Pernitz. Essity beschäftigt rund 600 MitarbeiterInnen in Österreich. www.essity.com