4,5 Millionen Liter Diesel verbrauchten die Schwertransporter bisher, die bei der Erzgewinnung am steirischen Erzberg zum Einsatz kommen. Dank Elektromobilität wird jetzt Treibstoff gespart.
Superlative gibt es hier gleich mehrfach. So betreibt die VA Erzberg in Eisenerz mit dem Erzberg den größten Bergbau Österreichs sowie den größten Hartgesteinstagbau Mitteleuropas. Die Schwerlast-LKW, die dabei zum Einsatz kommen, bringen schon im Leerzustand über 80 Tonnen auf die Waage. Vollbeladen mit Gestein kommen sie auf ein Gesamtgewicht von bis zu 200 Tonnen.
Alljährlich werden so mehr als 13 Millionen Tonnen abgebautes Gestein transportiert. Die 900 PS-starken Lkw verbrauchten dabei bisher insgesamt rund 4,5 Millionen Liter Diesel pro Jahr. Elektromobilität, die in dieser Form am Erzberg weltweit erstmals zum Einsatz kommt, bringt diesbezüglich ab sofort massive Einsparungen an der Zapfsäule. Drei Millionen Liter Diesel weniger werden es zukünftig sein, rechnet Christian Treml, Geschäftsführer der VA Erzberg, vor.
Elektromobilität: fünf Kilometer Oberleitung
Die innovative Antriebstechnologie ist eine Kombination aus zwei Systemen. Zum einen wird die Hinterachse des Muldenkippers von einem Elektromotor angetrieben. Schon dieses vor drei Jahren gestartete Projekt war pionierhaft. Für die Entwicklung des speziellen Mining-Truck-Typs gab es keinen Maßstab, kein Vorgängermodell, keine Produktionserfahrung. „Wir konnten einfach frei drauflosdenken, alles infrage stellen und ein neues, eigenes Konzept für diese Tonnagenklasse entwickeln“, beschreibt man bei Liebherr die Startphase. Den Strom lieferte ein dieselbetriebener Generator am Fahrzeug.
Zum anderen wurde vor einem Jahr ein Oberleitungssystem installiert. Es ist über fünf Kilometer lang. 213 Masten tragen entlang der Hauptförderrampen die insgesamt rund zwölf Kilometer Kabel. Mittels Stangenstromabnehmer, der an der Frontseite des LKW montiert ist, ziehen die Fahrzeuge ähnlich einem O-Bus den Strom.
Für den Tagbaubetrieb bedeutet das künftig einen Strom-Mehrverbrauch von 12,2 Gigawattstunden. Der CO2-Ausstoß sinkt durch den reduzierten Dieselverbrauch aber um 6.300 Tonnen pro Jahr.
Zur Schulung nach Frankreich
Sechs der zehn Schwer-LKW, im Volksmund „Haulys“ genannt, wurden auf Hybrid-Betrieb umgerüstet. Investitionsvolumen: 20 Millionen Euro. Das für Betrieb und Wartung zuständige Team wurde eigens in Frankreich bei Liebherr Mining Equipment auf die neue Technologie eingeschult. Die beteiligten Unternehmen betraten damit Neuland.
Zwar gibt es weltweit vereinzelt Betriebe, die eine Oberleitungstechnologie ähnlich einer Lokomotive einsetzen. Neu ist aber die Zusammenführung von Oberleitungstechnologie und diesel-elektrischem Hinterachsenantrieb. An diese Kombination hatte sich in dieser Nutzlastklasse noch kein Unternehmen herangewagt. Hinzu kamen bergbauspezifische Herausforderungen am Erzberg wie unebenes Gelände, enge Kurven und teils widrige Witterungsverhältnisse.
Keine Bodenwellen dank E-Antrieb
Seine Vorteile spielt der E-Antrieb auf der Hinterachse vor allem in Bergaufpassagen aus. Ändert sich die Neigung, müssen mechanisch angetriebene Schwerlastkraftwagen nämlich schalten. Dabei ist der Kraftimpuls auf die Antriebsräder enorm, auch wird der Bewegungsfluss der Fahrzeuge unterbrochen. Auf Schotterstrecken entstehen so oft ruckelige Unebenheiten, sogenannte Schalthügel. Sie erschweren eine gleichmäßige Auffahrt zusätzlich und treiben den Treibstoffverbrauch in die Höhe.
Der neue T 236 kommt dank Elektroantrieb ohne Schaltvorgänge aus und fährt bei konstanter Drehzahl und optimierter Traktion. Allein dadurch sinkt der Kraftstoffverbrauch um sechs bis acht Prozent. Zudem läuft das Bremsverhalten bei Bergabpassagen effizienter und materialschonender. Je nach Bergabbausituation und Transportbedarf ist in den kommenden Jahren ein Ausbau der Oberleitungsanlage möglich.
GUT ZU WISSEN
- Die VA Erzberg in Eisenerz ist ein Unternehmen der Erzberg Privatstiftung und betreibt den Eisenerzbergbau am Steirischen Erzberg.
- Mit 250 MitarbeiterInnen werden jährlich rund 13 Millionen Tonnen Gestein gewonnen und zu drei Millionen Tonnen Feinerz verarbeitet.
- Das Feinerz wird bei der Voestalpine in Linz und Donawitz zur Roheisenerzeugung verwendet.