Homeoffice mit Kindern während der Coronakrise
Klaus Höfler

Kind und Karriere – eine Ver(N)einbarkeit?

Familie und Beruf unter einen Hut zu bringen, bleibt eine Managementaufgabe, die sich an unzulänglichen Rahmenbedingungen abarbeitet und meist an Frauen hängen bleibt. Wäre Schweden in Sachen Vereinbarkeit ein Vorbild?

Allen beruflichen Turbulenzen zum Trotz: Familiär blinkt auch für den Ex-Bundeskanzler Erfreuliches am Horizont. Selbiges galt davor schon für Ministerinnen und Minister in Serie. So viele Regierungsmitglieder wie noch nie werden derzeit GründerInnen und ziehen neben ihrer politischen Arbeit ein Start-up hoch. Eine Art Spin-off aus einer Partnerschaft. Firmenname? „Eltern KG“. Geschäftsidee? Familienleben mit Kind. Innovationsgrad? Gering (aber hohe Nachfrage). Skalierbarkeit (= Familienleben mit Kindern)? Möglich. Hürden? Die Vereinbarkeit von Kernberuf und Herzensaufgabe.

Man muss nicht StaatenlenkerIn sein, um spätestens bei der Frage „Baby oder Büro?“ im Alltag an Limits zu stoßen. Es sind organisatorische, finanzielle, betreuungsmäßige, emotionale Grenzgänge – und da wären dann noch x hochindividuell andere. Parallel hören die Betroffenen von Rahmenbedingungsgestaltern so lange Versprechen, Bekenntnisse und Absichtserklärungen, dass alles besser wird, bis sie selbst keine Betroffenen mehr sind, weil die Kinder längst aus dem Haus sind. Was als Erbe bleibt, sind latente Lücken im Betreuungsangebot.

Vereinbarkeit attraktivieren – nur wie?

Freilich hat sich vieles in den vergangenen Jahren zum Besseren entwickelt. Aber reicht das schon? Statistiken widersprechen. Das beginnt bei den Öffnungszeiten von Kinderbetreuungsstätten, endet bei den Kosten und bietet dazwischen ausreichend Platz für reformbedürftige pädagogische Konzepte.

Gesellschaftspolitisch scheint man mittlerweile zur Überzeugung gelangt zu sein, dass Familie mehr ist, als eine soziale Kleineinheit, die ihre Belange intern und abseits von staatlicher Einflussnahme zu regeln hat. Der Staat will Familien unterstützen, will Voraussetzungen schaffen, die eine gleichberechtigte Arbeitsaufteilung attraktiv machen. Die Frage ist nur: Wie?

Arbeitgeber stocken Karenzgeld auf

Auf der Suche nach Antworten, wie die Vereinbarkeit von Beruf und Familie, von Kind(ern) und Karriere gelingen kann, wird nicht selten nach Skandinavien geschielt. Schon vor einem halben Jahrhundert schwenkte beispielsweise Schweden als Folge eines akuten Arbeitskräftemangels auf einen Kurs um, der den Einstieg von Frauen in den Arbeitsmarkt gezielt förderte. Dafür wurde das Kinderbetreuungsangebot radikal ausgebaut. Die verbesserte Infrastruktur hat auch den allgemeinen Mindset geprägt: 80 Prozent der schwedischen Frauen sind erwerbstätig. In Österreich sind es im erwerbsfähigen Alter lediglich 68 Prozent.

Das Netz an Kinderbetreuungseinrichtungen ist in Schweden dichter und die Kosten sind im Vergleich zum Einkommensniveau niedriger. So kommt eine monatliche Ganztagesbetreuung für ein Kind auf 140 Euro, für das zweite auf 100 und für das dritte Kind auf 50 Euro, wobei Kinder zwischen einem und sechs Jahren ein Recht auf einen Betreuungsplatz haben. Die Bindung zum Arbeitgeber bleibt während der Karenz intensiv – auch finanziell. Fast alle füllen die Differenz zwischen Karenzgeld und ursprünglichem Gehalt freiwillig. Auch bei den Eltern hinterlässt das Spuren: Während laut einer Werte-Analyse der Universität Wien in Österreich 48 Prozent der Befragten finden, dass Kinder darunter leiden, wenn die Mutter berufstätig ist, liegt dieser Wert in Schweden bei nur 15 Prozent.

Wann, wenn nicht nach einer Pandemie, in der viele Frauen durch die Renaissance von Homeschooling in tradierte, überwunden geglaubte Rollenbilder zurückfielen, wäre es an der Zeit, über einen Aufbruch in neue Zeiten nicht nur zu reden, sondern auch loszumarschieren?

Credits Artikelbild: adobe stock | Anke Thomass

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