Metallschrott Sammelplatz

Künstliche Intelligenz macht Stahl „grüner“

Forschung trifft Industrie: Hochsensible Sensoren und Künstliche Intelligenz sollen helfen, Metallschrott effizienter zu sortieren und so besseres Ausgangsmaterial für die Stahlproduktion zu schaffen.

Was für Altpapier und Verpackungsmüll gilt, trifft auch in der Stahlproduktion zu: Durch möglichst effizientes Wiederverwerten von vorhandenen Reststoffen lassen sich Ressourcen und Energie sparen. Damit verbessert sich auch die Klimabilanz. Bei der Herstellung von Stahl spielt dabei Metallschrott eine entscheidende Rolle. 

Schon jetzt werden in der Marienhütte, einem traditionsreichen Stahl- und Walzwerk in Graz, aus Baureststoffen und Altautos Metalle rezykliert und Stahl produziert. Dessen Qualität ist dabei vom verwendeten Metallschrott abhängig. Es gilt: je sortenreiner das Ausgangsmaterial, desto besser das Endprodukt.

Metallschrott als Forschungsobjekt

Zusammen mit der Voestalpine Stahl in Donawitz und der Marienhütte in Graz widmet sich ein ganzer Cluster aus Forschungseinrichtungen daher einem neuen Verfahren zur Analyse von Stahlschrott. Im Rahmen des Projekts „InSpecScrap“ setzen Expert:innen der Technischen Universität, des Joanneum Research sowie der Kompetenzzentren K1-Met und Know Center dabei auf hochsensible Multisensorik und Künstliche Intelligenz.

Bislang scheiterten eine qualitativ hochwertige und effiziente Sortierung und Klassifizierung nämlich an den geeigneten digitalen Möglichkeiten zur Analyse. Heute ist das anders. Durch den technologischen Fortschritt sind die Methoden leistungsstärker und kostengünstiger geworden und die Materialcharakterisierung genauer. Das nutzt das aktuelle Forschungsprojekt.

Scanner durchleuchtet Schrott

Auf den Förderbändern der Sortieranlage scannen verschiedene Spektralkameras den angelieferten Schrott. Die dabei vom System eruierten Farben verraten die genauere Zusammensetzung des Metallschrotts. In weiterer Folge kann er dadurch treffsicherer und schneller in verschiedene Güteklassen eingeteilt werden, auch Störstoffe werden besser aussortiert. 

„Damit verbessert sich die Kreislauffähigkeit insgesamt“, spricht Joanneum Research-Geschäftsführer Heinz Mayer von einem „Paradebeispiel, wie Wissenschaft und Wirtschaft zusammen an der grünen Transformation arbeiten“. So wird aus den beim Sortierprozess gesammelten Daten über die Beschaffenheit des Schrotts auch der konkrete Energiebedarf für eine möglichst effiziente Weiterverarbeitung errechnet. Als zusätzlicher Benefit fließen große Teile der für das Schmelzen erforderlichen Wärmeenergie später ins Grazer Fernwärmenetz.

75 Prozent weniger CO2

Insgesamt ist für diese Art der Verarbeitung des theoretisch unendlich recycelbaren Schrotts im Vergleich zu Primärrohstoffen wie Eisenerz nur etwa ein Zehntel des Energieaufwandes notwendig. Damit wird in weiterer Folge die Stahlproduktion günstiger. Und der CO2-Ausstoß in der gesamten Verarbeitungskette reduziert sich um 75 Prozent.

Schrottplatz Altautos
Aus Altautos vom Schrottplatz wird wertvoller Rohstoff für die Stahlproduktion.Foto: adobe stock | adrian_ilie825

Auch die Abhängigkeit von Importen am von sprunghaften Preisentwicklungen (zwischen 90 und 500 Euro pro Tonne) geprägten globalen Markt nimmt ab. „In der Marienhütte verarbeiten wir beispielsweise nur Schrott, der aus einem Umkreis von 400 bis 500 Kilometern stammt“, erklärt Marienhütte-Geschäftsführer Markus Ritter. 470.000 Tonnen Stahl werden daraus pro Jahr produziert.

Schrott als strategischer Rohstoff

„Im 21. Jahrhundert ist die Gewährleistung eines sicheren Zugangs zu Schrott einer der wichtigsten Beiträge zur Standortsicherung“, ist Ritter überzeugt. Die Bedarfsdeckung in Europa werde aber zunehmend schwierig, befürchtet Voestalpine-Vorstand Franz Rotter. Bei der Edelstahlproduktion der Voestalpine liegt der Schrottanteil zwischen 70 und 90 Prozent, bei den neuen Elektrolichtbogenöfen sind es zwischen 30 und 35 Prozent. 

„Die Beschaffung von Rohstoffen wird generell zusehends auch eine Frage des politischen Handelns. Wir müssen nutzen, was wir in Europa haben“, unterstreicht Rotter. Auch Schrott werde knapper, damit wertvoller und am Ende ein strategischer Rohstoff. Daher sei es wichtig, dass er in Europa bleibt, mahnt der Voestalpine-Vorstand. Aktuell exportiert Europa allerdings Schrott unter anderem nach China und Indien.

Credits Artikelbild: adobe stock | Avatar_23

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